HAUS TM

Böblingen • 2020

Alle unter einem Dach: Lange galt dieses Konzept als Auslaufmodell. Jedoch hat das Interesse am Mehrgenerationen-Wohnen in den vergangenen Jahren wieder stark zugenommen. Zu Recht: Gibt es doch viele Gründe, die für ein gemeinsames Leben sprechen – allen voran die gegenseitige Unterstützung. Dank Erweiterung und Ausbau konnte SEEBALD. ein bestehendes Wohnhaus in Böblingen nun ebenfalls in ein Zweifamilienhaus transformieren und damit das harmonische Zusammenleben von Eltern, erwachsenen Kindern und Enkeln ermöglichen. Der viergeschossige Bau offenbart dabei helle, offene Räume und ermöglicht trotz häuslicher Gemeinschaft, individuelle Privatsphäre in klar abgetrennten Wohneinheiten.


Lebensraum für Jung und Alt

Vier Erwachsene und zwei Kinder teilen sich nun nicht nur etwa 250 Quadratmeter Wohnfläche und profitieren vereint von den Vorteilen des Lebens in Gemeinschaft, sondern können bei Bedarf auch ihren jeweiligen Ort der Ruhe für sich nutzen. Möglich ist dies vor allem durch den Ausbau des Dachgeschosses, das Jahre zuvor noch als überschaubares Jugendzimmer fungierte. Während das Dach energetisch saniert, neu gedämmt und neu eingedeckt wurde, bringen neue Dachfenster sowie eine neue, große Gaube Tageslicht ins Innere und öffnen gleichzeitig den Ausblick ins Grüne. Dies kommt insbesondere dem neuen Kinderzimmer zugute, das nun umso großzügiger wirkt. Es nimmt in etwa die Hälfte der Geschossfläche ein und ist das neue Reich der Enkel. Solange es für die Zwillinge dabei noch von Vorteil ist, sich einen Raum zu teilen, können sie die ganze Fläche für sich nutzen. Werden sie älter, lässt sich aber auch problemlos eine Trockenbauwand einziehen und das Zimmer an die Gegebenheiten anpassen. Das Schlafzimmer der jungen Eltern liegt direkt nebenan, genauso wie das Familien-Bad, das mit dem Umbau ebenfalls eine neue Großzügigkeit erhält. Um die Räume unter dem geneigten Dach bestmöglich zu nutzen, wurden zudem Einbauschränke in den Kniestock integriert, was nicht zuletzt auch visuelle Ruhe in die lebhafte Umgebung bringt.
Ergänzt wird diese Wohneinheit durch das darunterliegende Obergeschoss, in dem sich vornehmlich die Gemeinschaftsräume der vierköpfigen Familie befinden. Wobei ein Freilegen des Fachwerks hier vor allem einen großzügigen Raumverbund von Küche, Ess- und Wohnbereich ermöglichte. Eine Speisekammer, ein Gäste- bzw. Arbeitszimmer sowie ein weiteres Bad komplettieren die Ebene, die dank der umfangreichen Baumaßnahmen nun ebenfalls offen und hell wirkt.

Um die zweite Wohneinheit (auch akustisch) abzutrennen, wurde das Erdgeschoss leicht modifiziert und eine neue Eingangssituation geschaffen, der Rest des Grundrisses aber weitestgehend so belassen – was bedeutet, dass sich hier nach wie vor die Aufenthaltsräume der Großeltern befinden. Neu ist, dass deren Privat- und Schlafräume nun im Gartengeschoss untergebracht sind. Hierfür wurde die halb im Hang liegende Etage komplett renoviert und sowohl die Haustechnik als auch das bereits vorhandene Bad modernisiert sowie ein neues Lichtkonzept integriert. Für den Umzug in die untere Etage entlohnt werden die Senioren demnach nicht nur mit neuen Rückzugsmöglichkeiten, sondern auch mit einem direkten Zugang zum weitläufigen Garten des etwa 740 Quadratmeter großen Grundstücks.


Konzept mit Zukunft

Verbunden bleiben die neu getrennten Wohneinheiten dabei stets durch das gemeinsame Treppenhaus, das nun ebenfalls von einer neuen Offenheit geprägt ist: Die bestehende Holztreppe wurde abgeschliffen bzw. aufbereitet und der klassischen Dielensituation entgegengewirkt, indem auch hier das Fachwerk teilweise freigelegt wurde. So entstehen im gesamten Gebäude innerhalb der alten Strukturen immer wieder lichte, moderne Wohnkonfigurationen, die durchweg fließende Räume ermöglichen. Helle und natürliche Materialien unterstützen diesen Raumeindruck: Weiße, glatt verputzte Wände, weiße Türen, weiße, raumhohe Einbauschränke, weiße Küchen- und Badmöbel werden lediglich durch graue Akzente ergänzt und damit der Fokus auf eine absolute Reduziertheit gelegt. Nur ausgewählte, farbige Designermöbel stechen hervor und setzen visuelle Anker. Dabei zieht sich ein neuer Dielenboden durch die oberen Ebenen, verleiht den Räumen damit zudem eine warme Atmosphäre und korrespondiert mit den Balken des tragenden Fachwerks.
Dank dieser angenehmen und lichtdurchfluteten Wohnkonstellation sowie neu geschaffener Freiräume wird das ehemalige Einfamilienhaus aus der Gründerzeit zu einem modernen Mehrgenerationen-Wohnen, das sich als Familienprojekt auch an zukünftige Entwicklungen und Lebenskonzepte anpassen lässt. Sechs Personen haben damit nicht nur an Raum dazugewonnen, sondern vor allem auch an Komfort und Lebensqualität.

Studio für Architektur und Gestaltung