SCHROZBERG • 2022
Schon vor COVID-19 litten viele Innenstädte unter Frequenzrückgängen und Umsatzverschiebungen in den Online-Handel – mit der Pandemie verschärfte sich die Lage enorm und zunehmender Leerstand prägt momentan das Bild vieler Gemeinden genauso wie Metropolen. Aktuell gilt es also mehr denn je, nachhaltige Stadtentwicklung zu betreiben, um ihren Bewohnenden wieder Mehrwert bieten zu können. Hierfür braucht es kreative, mutige und zukunftsfähige Ansätze, die auch den Zwischenräumen Bedeutung zukommen lassen.
Um drei leerstehende Ladenflächen direkt am Schrozberger Marktplatz einer neuen Nutzung zuzuschreiben, entwickelten wir dementsprechend ein Raumkonzept, das möglichst flexibel auf verschiedene Anforderungen reagieren kann und dabei stets das Gemeinwohl der Schrozberger Bevölkerung im Blick hat.
ANPASSUNGSFÄHIG
Die drei eigenständigen, dem Marktplatz zugewandten Einheiten wurden zu einem konsistenten Raumgefüge zusammengeführt und verbinden auf 311 Quadratmetern nun diverse gastronomische Angebote mit einem Concept Store, der in das Gesamtkonzept integriert, aber nicht als klassisches Ladengeschäft ausgelegt ist: Während im linken Bereich die bio- und demeterzertifizierte Eismanufaktur moo beheimatet ist, werden Gäste im mittleren Bereich in der Weinbar JOSEF begrüßt.
Im Eckladen rechts entstand die Tagesbar GOETZ, die neben kleinen Gerichten nicht nur eine Reihe von ausgewählten regionalen Produkten anbietet, sondern deren Fläche auch für thematisch passende Veranstaltungen – Workshops, Pop-up-Ausstellungen oder ähnliches – sowohl den Betreibenden als auch ortsansässigen Vereinen zur Verfügung steht. Multifunktional genutzt werden kann dabei nicht nur der Zwischenraum zwischen Eisdiele und Vinothek (was vor allem in den Wintermonaten von Belang ist), sondern prinzipiell der komplette Grundriss, der damit enormes Potenzial für universal-gastronomische Events entfaltet.
Um in den Sommermonaten die Belebung des Marktplatzes zu forcieren, wurde die neue Fassade außerdem als Glasfaltanlage ausgeführt – was sowohl den Platz, vollständig miteinbezieht als auch eine zusätzliche Flexibilität in der Zugänglichkeit des neuen kulinarischen Zentrums erlaubt.
OFFEN
Ermöglicht wird diese flexible Raumnutzung durch teilweise bzw. vollständig öffenbare Glas-Stahl-Trennwände innerhalb der gesamten Fläche. So werden aus separierten Einheiten im Handumdrehen großzügige Bereiche, die gemeinsam bespielt werden können. An anderer Stelle wird eine individuelle Zonierung dank textiler Vorhänge erreicht. Dabei bleibt der Zugang zum neu gestalteten Sanitärbereich im Untergeschoss sowie zum barrierefreien WC im Erdgeschoss selbst im abgetrennten Zustand für alle Gäste stets gewährleistet.
REGIONAL
Gestalterisch bilden die drei Einzelbereiche trotz partieller Unterschiede ebenfalls eine Einheit: Helle Wände und Akustikdecken, hydrophobiertem Estrich, warmes Eichenholz, schwarze Deckenleuchten und gedeckte Textilien finden sich in allen Lokalen wieder und bilden ein stimmiges Gefüge. Die übergrosse Typografie auf der Fassade spricht für sich, und insbesondere die Tagesbar GOETZ in Gedenken an Götz von Berlichingen (der einige Jahre seiner Jugendzeit im direkt angrenzenden Schloss Schrozberg verbrachte) zu einem zentralen Ort der Zusammenkunft zu machen, der in aller Munde ist. Würde der berühmt-berüchtigtste Raubritter seiner Zeit heute in der nach ihm benannten „Wirtschaft“ sitzen, würde er sagen: „Bis das Essen fertig wird, wollen wir eins trinken. Kommt, setzt Euch, tut, als wenn Ihr zu Hause wärt!“ und seine Worte mit dem diesem Ort entsprungenen Trinkspruch „Schrooz!“ besiegeln.
WERTSCHÖPFEND
Dank der Modernisierung und Neustrukturierung des fast 40 Jahre alten Bestands, wurden dementsprechend nicht nur die vorhandenen Gewerbeflächen neu belebt, sondern darüber hinaus die Chance ergriffen, den Marktplatz in seiner Gesamtheit wieder als zentralen und emotionalen Mittelpunkt des Schrozberger Stadtlebens zu etablieren. Das SCHROOZ AM MARKT verleiht der Stadt damit wieder eine ortsbezogenene Identität, die allen Einwohnenden einen Mehrwert bietet, soziales Miteinander fordert und kulturelles Leben ermöglicht.
PREISVERDÄCHTIG
Fand auch die Jury der Baukulturinitiative Hohenlohe-Tauberfranken 2023.
Bei der feierlichen Auszeichnungsveranstaltung in Pfedelbach überreichte uns die Wohnbauministerin Nicole Razavi und der Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, Markus Müller, unsere Auszeichnung mit Urkunde und Plakette der Baukultur Hohenlohe Tauberfranken 2023.